Die Miller-Story

Meuterei auf der Bounty
LP-Bestellnummer der Erstausgabe: E 1000

Eine Idee hat Premiere
Neunzehnhundeneinundsechzig. Erinnrn Sie sich? Es war die Zeit,als eine Langspielplatte nicht unter 18 Mark und nur im Fachgeschäft zu haben war. Als Musik auf Platten nur wenigen Experten und Musikliebhabern vorbehalten war. Die eigene Plattensammlung war Luxus und Prestige-Objekt einer kleinen Schicht mit dicken Portemonnaies.
1961 war zugleich das Geburtsjahr einer ldee, die schon bald Furore machen sollte. Beginn einer Revolution auf Rillen und Gründungsjahr der Firma Miller International.
Der Amerikaner Dave Miller der in seiner Heimat bereits Unterhaltung für Millionen mit großem Erfolg produziert hatte, verwirklichte seine Idee jetzt auch in Deutschland. Er machte Platten für jedermann, für jung und alt - Musik für kleine Brieftaschen, Platten zum Sammeln, Musik als Konsumartikel im besten Sinne des Wortes. Und Dave Miller fand einen Weg, diese Idee zu realisieren.
Gemeinsam mit Dr. Beurmann und Dr. Wille produzierte Dave Miller 30 cm-Langspielplatten zu einem sensationellen Verkaufspreis von DM 9,80. Unter der Marke "somerset" kamen die ersten Titel auf den Markt und zwar - wie es damals üblich war - getrennt nach Mono und Stereo. So ungewöhnlich wie ihr Preis war der Weg zum Käufer: "somerset" eroberte die Kaufhäuser. Platten als Propaganda-Artikel, Platten vom Grabbeltisch. Während schon bald die "somerset"-Platten den Propagandisten aus den Händen gerissen wurden, reagierte der Wettbewerb auf diese so unwahrscheinlich preiswerte Neuheit mit einem mitleidigen Lächeln. So etwas konnte ja auf die Dauer keine Chance haben. Meinte man. Jedoch die Entwicklung ging ebenso stürmisch weiter, wie sie begonnen hatte.
Die Erfolge am Markt zwangen das Unternehmen zur Neuorganisation. Die Inhaber bestellten den aus einer alten Hamburger Reeder-Familie stammenden Harald A. Kirsten zum Geschäftsführer. Einen Mann mit Marketing-Erfahrung und dem nötigen kaufmännischen Gespür. Unter seiner Leitung erreichte die Firma 1964 die erste Platten-Million. Und langsam rief der Miller-Erfolg auch die Mitbewerber auf den Plan. Sie reagierten mit massiven Angeboten auf dem Niedrigpreissektor. Harald Kirsten und sein Team handelten kurzentschlossen. Nach der Devise "Alles oder nichts": Am 1. 4.1965 brachte Miller International unter dem neuen Namen EUROPA Langspielplatten zum sensationellen Preis von nur 5 Mark heraus. Ein Preis, der bis an die Grenze des Möglichen kalkuliert war.
Und wieder sollte es sich zeigen, daß Harald Kirsten und Dave Miller mit kaufmännischem Geschick auf der Erfolgsschiene fuhren. Die Marke EUROPA wurde zum Hit.

Eine Marke geht neue Wege
Während "somerset" vor allem Verkaufsschlager der Propagandisten im Kaufhaus gewesen war eroberte EUROPA den Markt in ganzer Breite. Miller International fand für ihren volkstümlichen Massenartikel auch den richtigen Weg zum Verbraucher. EUR0PA gab es überall. In Kaufhäusern, im Zeitschriftenhandel, in Fotoläden, in Haushaltswarengeschäften. Um der ständig steigenden Nachfrage gerecht zu werden, benötigte die Firma mehr Platz und eine größere Fertigungskapazität. Im Oktober 1967 wurden in Quickborn - 25 km nördlich von Hamburg - auf einem 12.000 qm großen Gelände ein modernes Preßwerk, Vertriebsbüros und eine Versandabteilung eingeweiht. Die Basis der Kaufhäuser, im Zeitschriften- kaufmännische Selbständigkeit von für den weiteren Aufstieg des Unternehmens war geschaffen.

Unterhaltung zum Mitnehmen
Die neuen vertriebswege erforderten neue Verkaufstechniken. Durch die betont werbliche Hüllengestaltung wurde auch ein optischer Kaufanreiz geschaffen. EUROPA-Schallplatten wurden als erste in verschweißter Klarsichtfolie angeboten. Das sicherte dem verbraucher ein absolut fabrikneues Produkt. Miller lieferte dem Handel neuartige Verkaufsständer und Displays. Verkaufshilfen, die man bis dahin nur aus anderen Markenartikel-Bereichen kannte. EUROPA-Schallplatten - das war perfekte Unterhaltung zum Mitnehmen. Platten für Impulskäufer - sie lagen an den Kassen der Kaufhäuser, im Zeitschriftenhandel, in Fotoläden und in Haushaltswarengeschäften.

Übernahme durch MCA

Miller International baute nicht nur in Deutschland seine Verkaufsorganisation aus, sondern begann auch ein reges Auslandsgeschäft. Der Siegeszug der Marke EUROPA blieb auch jenseits der Grenzen nicht unbemerkt. Einer der größten Unterhaltungskonzerne, die MCA Inc., früher "Music Corporation of America", wurde aufmerksam. Sie kaufte im Jahre 1969 das Unternehmen. Die künstlerische und kaufmännische Eigenständikeit wurde nicht beeinträchtigt.

Erfolge vom Band 1970 bekam die EUROPA-Schallplatte Konkurrenz im eigenen Haus. Die EUROPA-MusiCassette.Eine bespielte MusiCassette für nur 10 Mark - das war neu und einmalig! Als der Preis für die MusiCassette 1975 auf 6 Mark gesenkt wurde, war der Verkaufserfolg gesichert. Heute werden EUROPA-LP's und MusiCassetten zu einem empfohlenen Verkaufspreis von 6 Mark angeboten. Die Verkaufszahlen der MusiCassetten liegen heute bereits über denen der Platten.

Qualität ist mehr als ein Wort Mitden Verkaufserfolgen geht auch die technische Entwicklung im Hause Miller International rasant aufwärts. Der enorme Tonträgerbedarf bedingt hochmoderne Fertigungsmethoden. 20 Einspulautomaten - "gefüttert" werden sie von vier Endlosgebern und 46 Schnellkopiergeräten - liefern täglich 50.000 Musicassetten. Zusammen mit dem Ausstoß der 22 Schallplattenpressen ergibt das eine Jahresproduktion von ca. 14 Millionen Tonträgern. Ein ausgeklügeltes Kontrollsystem garantiert trotz dieser großen Menge eine außerordentlich geringe Ausschußquote.

Programm für Millionen
In zwei eigenen Studios in Hamburg und mehreren Mietstudios wird pausenlos produziert. Das EUROPA-Repertoire umfaßt alle Bereiche der Unterhaltung für jung und alt. Das Musikprogramm besteht vorwiegend aus Pop- und Schlagermusik, deutscher und internationaler Folklore und einem umfangreichen Klassik-Repertoire. Mit Künstlern wie z. B. Jon Petersen oder der englischen Gruppe "TAXI", exclusiv unter Vertrag, wird vor allem die popbegeisterte Jugend angesprochen.
Ein bedeutender Umsatzträger sind die Märchen und Abenteuergeschichten von EUROPA. Die ersten Produktionen entstanden schon 1965. Heute bietet EUROPA mit ca. 160 Titeln das umfangreichste Kinder- und Jugendprogramm im Niedrigpreissektor. Exclusiv-Verträge mit bekannten Kinderbuch-Autoren haben auch zur Beliebtheit von EUROPA beigetragen. So gibt es z. B. "Hanni und Nanni" und die Geheimnis-Serie von Enid Blyton. Von Eberhard Alexander-Burgh stammen die Serien "Hui Buh, das Schloßgespenst" und "Hexe Schrumpeldei". Eine Ergänzung findet das Programm in den Science-fiction-Figuren wie Perry Rhodan und Commander Perkins.
Im EUROPA-Klassik-Programm werden hochwertige Produktionen mit bekannten Interpreten wie Maurice André, Adolf Scherbaum, Christoph Eschenbach, Ludwig Hoffmann und Paul Badura-Skoda angeboten. Und das zu dem volkstümlichen Preis von 6 Mark. Parallel zum EUROPA-Angebot bringt Miller ein 10-Mark-Programm für gehobenere Ansprüche. Historisch wertvolle Ton-Dokumente vom Kaiserreich bis zur Gegenwart finden sich in der Dokumentar-Serie. Original-Interpreten vom unvergessenen Hans Albers bis Bill Haley gibt es auf der Marke SONIC.

Erfolge mit Konsequenzen
Nach einer kontinuierlichen Aufwärtsentwicklung ist Miller International heute Marktführer im Niedrigpreis-Sektor. Dieser Erfolg wird durch fast 300 Mitarbeiter sichergestellt. Dazu zählen auch die 22 Vertriebs-Repräsentanten,die den Verkauf und die Beratung bei den Handelspartnern wahrnehmen.
Die Kommunikation mit dem Verbraucher erfolgt durch intensive Werbeaktivitäten und gezielte Pressearbeit. Ihr Ergebnis ist der hohe Bekanntheitsgrad des Unternehmens und seiner Produkte.
Vom ersten Tag an wurde das Unternehmen durch guten Team-Geist geprägt. Man saß im gleichen Boot, zog am gleichen Strang, hatte ein gemeinsames Interesse. Pioniere auf einem harten und erfolgreichen Weg. Einsame Entscheidungen hat es nie gegeben. Immer stand das Team dahinter, in dem jeder seine Stimme hatte. Noch heute stützt sich das Unternehmen auf wenige, aber hochqualifizierte Mitarbeiter, die in demokratischer Weise Entscheidungen fällen. Es zählt nicht der Rang, es zählt das know-how.

Statistik

Jahr: 1977 • Spielzeit: 15'20" / 15'15"

Weitere Bestellnummern: LP: 901 901.4 Bemerkungen: Vielen Dank an Michael Wülfing für die Einsendung von Infos über diese seltene Selbstdarstellungs-LP von Miller.

Auf der LP, die sich wohl an EUROPA-Schallplattenhändler richtet, befinden sich Ausschnitte aus dem damals aktuellen EUROPA- und SONIC-Programm. Lose umrahmt wird das mit Interviews, die ein Radiomoderator (Lothar Grützner) ansagt und "Hanni Schweiger" (Hanni Vanhaiden) vor Ort in der Miller-Zentrale durchführt. Die LP besteht aus einem Doppel-Cover (=aufklappbar) und einem Booklet. Den Text des Booklets kann man oben nachlesen, die Bilder aus dem Doppelcover werden im folgenden einzeln abgebildet und beschrieben.


von links: Harald A. Kirsten, Geschäftsführer, und die drei Firmengründer David L. Miller, Dr. A.E. Beurmann und Dr. W. Wille


Vollautomatische Einspulmaschine für MusiCassetten


Produzent Dr. Beurmann und Heikedine Körting (Regie) im Hamburger Studio EUROPA

  
Mit diesen Maschinen werden täglich ca. 50.000 MusiCassetten vollautomatisch etikettiert und eingeschachtelt.


Die Schauspielerin und Fernsehansagerin Hanni Vanhaiden bei einer Wortproduktion im Studio EUROPA


Überspielung von Schallplatten


Schnellkopieranlage für MusiCassetten


Das Miller Produktionsteam in der Hamburger Musikhalle


Schallplattenpresserei


Gesamtansicht des Firmengeländes in Quickborn mit dem neuen Gebäude für Geschäftsleitung und Vertrieb im Vordergrund


von links: Heinz H. Müller, Verwaltungsdirektor, Harro-Hell Michna, Technischer Direktor, Hans-Martin Neumann, Marketing Direktor


Einschweißung der Langspielplatten in Klarsichtfolie; Schutz und Garantie für ein fabrikneues Produkt


Konfektionierungs-Automat für Plattentaschen


Das Kesselhaus - eine der Energiezentralen des Werkes


Optische und akustische Prüfung von Langspielplatten-Müttern


Galvanik


Gesamtansicht mit den Fertigungshallen im Vordergrund


Blick in das neue Lager
Kapazität: Drei Millionen Tonträger

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